Sonderausstellungen im Kunstmuseum Ahrenshoop

Rainer Fetting | Mauer Kreuzberg | 1977 | Dispersionsfarbe auf Nessel | 150 x 178 cm
Rainer Fetting | Mauer Kreuzberg | 1977
Rainer Fetting | Mauer am Südstern (André) | 1988 | Öl auf Leinwand | 300 x 200 cm
Rainer Fetting | Mauer am Südstern (André) | 1988

Rainer Fetting - Mauerstücke.

9. November 2014 - 25. Januar 2015

Der Berliner Künstler Rainer Fetting (*1949) ist durch Werke wie die Willy-Brandt-Statue im Willy-Brandt-Haus oder die Bronzeskulptur des Henri-Nannen-Preises populär geworden. Er ist jedoch vor allem ein herausragender Maler, der seine räumlichen Arbeiten parallel zur malerischen Praxis und in Ergänzung zu ihr entwickelt. Wie kein Zweiter hat Rainer Fetting die Gegenwart der Berliner Mauer als Bauwerk von enormer zeitgeschichtlicher und psychologischer Tragweite vom Ende der 1970er bis in die 90er Jahre hinein künstlerisch reflektiert. In Wilhelmshaven geboren, lernte er durch seinen Vater, der Berliner war, bereits als Kind den Westteil der Stadt kennen. Von 1972 bis 78 studierte er an der Charlottenburger Hochschule der Künste. Sein Lebensmittelpunkt wurde Kreuzberg, wo er ein Atelier in unmittelbarer Nähe der Mauer unterhielt. Er zeichnete und malte sie von nun an wie besessen. Mit Helmut Middendorf und anderen Gleichgesinnten gründete Fetting noch während des Studiums die legendär gewordene Galerie am Moritzplatz. Hier stellten die als „Moritz-Boys“ apostrophierten jungen Maler und Rockmusiker gemeinsam aus. Das aufregende Bewusstsein, im Westteil Berlins auf einer Insel zu leben, wie sie exponierter nicht hätte sein können, bestimmte ihr Lebensgefühl. Man wohnte auf dieser Insel geschützt und doch auf hochbrisantem Boden. Sie war ein „Ableger“ des Westens im Osten und zugleich so etwas wie ein stillgelegter, gleichsam „weggeschlossener“ Bereich des einstigen gesamtdeutschen Machtzentrums mit seiner unheilvollen jüngsten Geschichte. Alles das war durch die Gegenwart der Mauer visualisiert und aktuell gehalten. Rainer Fetting hat es in sich aufgenommen und in Malerei umgesetzt – motivisch in Gestalt von Bildern, die die Mauer zeigen, noch eindringlicher aber durch seine Malweise, die sich aus einem überwachen, unvoreingenommenen und leidenschaftlichen Interesse an der Wirklichkeit speist. Die Mauer steht in Rainer Fettings Kunst für einen Zustandsbefund, der ebenso politischer wie mentaler Art ist und zum Widerstand herausfordert: zu menschlicher, aber auch zu künstlerischer Emanzipation. Das hieß in der Westberliner Szene der 1970er Jahre, von der damals dort vorherrschenden „gegenstandslosen“ Malerei zu einer gegenstandsbezogenen zurückzukehren.

Bei Fetting mündete das in einen ganz von der Farbe getragenen, expressiven Realismus. Die dabei von ihm erreichte atmosphärische Genauigkeit ist Ergebnis einer rigorosen, im Prozess des Malens durchweg spontan gewonnenen Reduktion: Malerei vermittelt sich hier umstandslos und überzeugend als ein selbstsicherer visueller Erfahrungsakt.

In den 1980er Jahren hat Rainer Fetting die amerikanische Metropole New York zu seinem zweiten Lebensmittelpunkt gemacht. Im Vergleich zu der Berliner Situation fand er in Manhattan, dem kommerziellen Herzstück New Yorks, eine exotische, vergrößerte und gewissermaßen befreite Variante des urbanen Inseldaseins. Er fand hier außerdem neuen Stoff für eine fortgesetzte malerische Erschließung des Großstadtdschungels in seiner Wirkung auf die zerbrechlichen Existenzen der darin lebenden Menschen. Mitunter schlägt in Fettings New-York-Bildern das wirklich Gesehene in Halluziniertes um. Dass dieses auch prophetischen Charakter haben konnte, zeigt sein Bild des World Trade Centers aus dem Jahr 1991, wo ein Pelikan als Todes- und Erlösungsbote im Anflug auf das Gebäude ist.

Nach dem Mauerfall flammte Rainer Fettings Interesse für Berlin wieder auf. Nun zeichnete und malte er die Stadt im Umbruch: den Abriss der Mauer und die Baustellen am ehemaligen Grenzstreifen, aber auch den Ostteil mit seinen Mauerblicken, seinen abrissreifen Denkmälern und architektonischen Demonstrationen, die er gerne neben solche Westberliner oder auch New Yorker Provenienz hielt, voll Neugier auf den Vergleich. Die Insel, die der Westen Berlins inmitten des Territoriums der DDR gewesen war, hat Rainer Fetting in den frühen 1990er Jahren auch von ihren Rändern, ihrer landschaftlichen Einbettung in die Mark Brandenburg her erkundet. Es entstanden Bilder wie die Rapsfeld-Serie, wo die ursprüngliche Vitalität der Vegetation über alles andere zu triumphieren scheint und überwältigende Kraft entfaltet: zeichenhaft für das, wofür der Mensch, wenn er sich frei fühlt, fähig ist.

Rainer Fetting | Mauerstück | 1988 | Öl auf Leinwand | 250 x 160 cm
Rainer Fetting | Mauerstück | 1988
Rainer Fetting | Holzbild (grün) | 1984 | Öl | Holz auf Leinwand | 229 x 183 cm
Rainer Fetting | Holzbild (grün) | 1984
Rainer Fetting | Leninplatz | 1991 | Öl auf Leinwand | 300 x 200 cm
Rainer Fetting | Leninplatz | 1991
Rainer Fetting | World Trade Center - Pelican (N.Y.) | 1991 | Öl auf Leinwand | 152 x 226 cm
Rainer Fetting | World Trade Center - Pelican (N.Y.) | 1991