Sonderausstellungen im Kunstmuseum Ahrenshoop

Fritz Kuhr, Herbst oder im Gespensterblätterwald, 1960, Öl auf Leinwand, 71 x 100 cm, WVZ-Nr. 4014, Kuhrarchiv
Fritz Kuhr, Herbst oder im Gespensterblätterwald, 1960

„also wird gemalt“ – Der Bauhäusler Fritz Kuhr

14. September – 24. November 2019

Im 100. Jubiläumsjahr des Bauhauses zeigt das Kunstmuseum Ahrenshoop eine Ausstellung zum Lebenswerk von Fritz Kuhr (1899–1975). Der in Lüttich (Belgien) geborene Maler, ab 1923 Student am Bauhaus, war einer jener jungen Künstler, die nach der Katastrophe des Ersten Weltkrieges die avantgardistischen Ideen der neuen Kunstschule begeistert aufnahmen und mit der Hoffnung auf eine Umgestaltung der Gesellschaft verbanden. Kuhr war ein Altersgenosse von Dörte Helm (1898–1941), die als eine der ersten Studentinnen am Bauhaus zur engen Mitarbeiterin des Gründers Walter Gropius wurde und später in Ahrenshoop zum nahen Freundeskreis des Verlegers und Kunstmäzens Peter Erichson gehörte. An der Gestaltung der legendären Ausstellung des Jahres 1923, mit der das Bauhaus seine Existenzberechtigung beweisen wollte und die Kuhr zum Studium dort bewog, hatte Helm mitgewirkt, und beide Künstler müssen sich in Weimar kennengelernt haben.

Helm verließ das Bauhaus 1924. Kuhr jedoch vollzog – noch als Student – 1925 den Standortwechsel nach Dessau mit, ohne dass der damit verbundene Paradigmenwechsel der Schule vom Vorbild der mittelalterlichen Bauhütte hin zu einer Orientierung auf das Industriedesign sein künstlerisches Denken wesentlich beeinflusst hätte. Von Anfang an begriff sich Kuhr als Maler. Wie viele andere, die vom Bauhaus herkamen, hielt er am Selbstverständnis des Künstlers als Einzelgänger in einer kunstfeindlichen Gesellschaft fest und suchte nach einem individuellen Modus der Entfaltung auf dem Weg der damals relevanten „Abstraktion“ zwischen geometrischer Verdichtung, Farbsystematik und surrealistischer Phantasie.

Kunst war für Kuhr ein eigenständiger Erkenntnisweg. Sein großes Vorbild hierfür war Paul Klee (1879–1940), von 1921 bis 1931 Lehrer für freies malerisches Gestalten am Bauhaus. In die letzten Wirkungsjahre Klees in Dessau fiel die erste Lehrtätigkeit Kuhrs als Mitarbeiter Hinnerk Schepers in der Werkstatt für Wandmalerei. 1929–30 war er Lehrer für gegenständliches Zeichnen am Bauhaus, verließ die Schule aber Ende 1930 und zog nach Berlin. Hier überstand er die NS-Diktatur und den Krieg als Dekorationsmaler, wurde ausgebombt und geriet 1944 in sowjetische Gefangenschaft.

Künstlerisch bedeuteten die 1930er für Kuhr eine Versachlichung, wie es dem Zeitgeist entsprach. Seine Zeichnungen jener Jahre sind als visuelle Bestandsaufnahmen zu deuten. Hin und wieder bricht ein expressiver Duktus durch und zeugt vom Lebenshunger des in den Verhältnissen Gefangenen. Als Kuhr 1948 an die West-Berliner Hochschule für Kunsterziehung berufen wurde, gab ihm das die Möglichkeit, an seine Wurzeln in der klassischen Moderne wieder anzuknüpfen. Sein Lebenswerk steht heute exemplarisch für die Sinnsuche seiner von zwei Weltkriegen und einer verbrecherischen Diktatur heimgesuchten Generation.

Zur Ausstellung erscheint ein Katalog mit zahlreichen Abbildungen, der eine Zusammenstellung authentischer Texte von Fritz Kuhr enthält, die Einblick in sein künstlerisches Denken geben und den Zugang zum Werk befördern.

 

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Fitz Kuhr, Das Leben, 1928, Öl und Gouache auf Pappe, 45 x 36,5 cm, Kuhrarchiv, Berlin
Fitz Kuhr, Das Leben, 1928
Fritz Kuhr, Rückblickend, 1953, Öl auf Presspappe, 93 x 98 cm, Kuhrarchiv, Berlin
Fritz Kuhr, Rückblickend, 1953
Fritz Kuhr, Arbeitslager, 1944, Aquarell, 34,5 x 27 cm, Kuhrarchiv, Berlin
Fritz Kuhr, Arbeitslager, 1944