Sonderausstellungen im Kunstmuseum Ahrenshoop

Egon Tschirch | Das Hohelied Salomos (Blatt 2) | 1923 | Wasserfarbe auf Papier | 45 x 65 cm | Privatbesitz
Egon Tschirch | Das Hohelied Salomos (Blatt 2) | 1923

Egon Tschirch: Das Hohelied Salomos

25. März – 9. Juli 2017

Mit dem expressionistischen Bildzyklus „Das Hohelied Salomos“ des Rostocker Malers Egon Tschirch (1889-1948), der erst 2015 in rheinländischem Privatbesitz wiederentdeckt wurde, präsentiert das Kunstmuseum Ahrenshoop eine kleine kunsthistorische Sensation.

In den 1920er Jahren erregte der damals noch sehr experimentierfreudige Tschirch, einst Gründungsmitglied der avantgardistischen „Vereinigung Rostocker Künstler“, beim Mecklenburger Publikum mit seinen farbkräftigen, dynamisch komponierten Arbeiten heftige Reaktionen. Sein ganz eigener Stil, in dem der Maler mit den Grundfarben Gelb, Rot und Blau auf knappe Art, aber erstaunlich überzeugend die Phänomene von Licht und Schatten, Wärme und Kälte in der Natur auf den Punkt zu bringen vermochte, trug ihm Zorn und Bewunderung ein. Tschirch gestaltete mit Vorliebe Motive von der Küste. Als junger, doch schon prominenter Künstler gehörte er zum Freundeskreis des Hinstorff-Verlegers und Kunstmäzens Peter Erichson und dessen in Ahrenshoop lebender Gefährtin Line Ristow, war also auch in der ehemaligen Künstlerkolonie zugegen.

Das Hohelied Salomos wurde für Egon Tschirch bereits um das Jahr 1913 zum Thema. Nach dem Ersten Weltkrieg, an dem er als Soldat teilnehmen musste, setzte er sich weiter damit auseinander. Die Idee, ein religiöses Thema zu gestalten, bei dem Naturkraft, Sinnlichkeit und Geist zusammenwirken und Erlösung bringen, ist bezeichnend für die Jahre nach dem Kriegsinferno. Willy Jaeckels visionäres Radierwerk zur Bibel bildete in den frühen 1920ern die bedeutendste Parallele zu dem Bildzyklus von Tschirch. Nachdem die Arbeiten zum „Hohelied“ 1923 und 1924 in vielbeachteten Ausstellungen in Rostock und Schwerin zu sehen waren, gingen sie in Privatbesitz über und verschwanden irgendwann in einem Berliner Keller unweit des Kurfürstendamms. Sie gerieten in Vergessenheit und wurden 2008 eher zufällig vor der Entsorgung bewahrt. Ein Rostocker Arzt entdeckte sie 2015 bei Recherchen zu Egon Tschirch und ermöglichte durch die Weitergabe seiner Entdeckung, dass sie nun wieder öffentlich zu sehen sind.